Struktur im Stall sorgt bei Mastputen für mehr Tierwohl

Geflügellandwirt Ernst Linder ist Betriebsleiter eines Putenmastbetriebs. Er hält 20.000 Mastputen, teilweise haben die Putenhähne einen nicht behandelten Schnabel.

Der Landwirt möchte durch geeignete Tierschutzmaßnahmen seine Puten vom Federpicken abhalten. Er macht bei einem Projekt der Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz mit, in dem gezeigt werden soll, wie Federpicken und Kannibalismus bei Puten minimiert werden kann.

Bei den Puten ist man da noch nicht so weit wie bei den Legehennen, die seit Anfang 2017 nicht mehr mit gekürztem Schnabel eingestallt werden. Finanziell unterstützt durch die Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz kann der Betriebsleiter einige Maßnahmen im Stall ausprobieren, ohne die Sorge haben zu müssen, dass er die dafür notwendigen zusätzlichen Kosten selber tragen muss.

"Den Wald in den Stall bringen"

Das Wohl der Tiere liegt dem Putenhalter am Herzen. Ernst Linder möchte die zukünftige Tierhaltung aktiv mitgestalten und praxistaugliche Möglichkeiten finden, die Tierhaltung zu verändern.

Der Geflügellandwirt bietet seinen Puten Aufsitz- und Unterschlupfmöglichkeiten an. An dem verwendeten Gitterrost können sich die Tiere gut festhalten, sie können leicht hoch- und wieder runterlaufen. "Schwache Tiere können sich darunter zurückziehen", erklärt der Landwirt. Er hatte auch die Idee, Tarnnetze aufzustellen: „Wir haben versucht, den Wald in den Stall zu bringen, die Tiere gehen zur Nahrungsaufnahme auf die Wiese und gehen zur Verdauung in den Wald.“ Das zusätzliche Aufstellen dieser Tarnnetze bringt Struktur in den Stall und unterteilt ihn in helle und dunkle Bereiche, was dem natürlichen Lebensraum der Puten entspricht. Die Tiere können so wählen, wo sie sich aufhalten.

Wichtige Faktoren im Stall: mehr Beschäftigung und gutes Klima

Linder bietet seinen Tieren auch diverses Beschäftigungsmaterial wie Luzerne oder Picksteine an. Picksteine dienen dazu, dass sich die Tiere die Schnäbel abwetzen. Drei Mal täglich kontrolliert er den Gesundheitszustand seiner Tiere im Stall. Bei dieser sogenannten Bonitierung wird das Tier aufgenommen und bestimmte Körperteile werden untersucht, beispielsweise ob die Flügel und Federn alle intakt sind oder ob es irgendwo Verletzungen gibt.

Das Klima im Stall ist auch ein wichtiger Faktor, damit es den Tieren gut geht. Die Klimaregulierung in den Offenställen ist nicht so einfach, daher hat der Putenhalter Ventilatoren und eine Sprühkühlung installiert. Wenn es draußen 30 Grad sind, kann die Temperatur im Stall durch den Einsatz der Ventilatoren und der Sprühkühlung auf 24 Grad herunter reguliert werden.

Ernst Linder stellt fest, dass es positive Auswirkungen auf das Tierwohl hat, wenn er täglich Tiere bonitiert, eine Sprühkühlung installiert oder den Stall besser strukturiert.

Mehr Zeit ist notwendig

Das Beispiel von Ernst Linder zeigt, dass das Risiko von Federpicken durch innovative Ideen und Tierschutzmaßnahmen verringert werden kann. Ganz ausschließen kann man das Risiko von Federpicken derzeit noch nicht. Weitere Forschung, mehr Zeit und gemeinsame mit den Landwirten erprobte praktische Lösungen sind notwendig, um dem Ziel noch näher zu kommen. Von den Erfahrungen, die Ernst Linder auf seinem landwirtschaftlichen Betrieb macht, sollen andere Putenhalter profitieren.

Gefördert werden die MuD Tierschutz durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).

In einem anschaulichen 8-minütigen Film können Sie noch mehr über die Anstrengungen des Putenhalters erfahren, und sich selber ein Bild machen, was unternommen werden kann, um mehr Tierwohl in den Putenstall zu bringen.

Weitere Informationen

Zum Video auf YouTube

Blick in den Stall: Putenhaltung

Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz

Kopf eines Putenhahnes
Unkupierte Tiere haben einen spitzen scharfen Schnabel, durch den das Verletzungspotenzial wesentlich höher ist, Quelle: BLE
Puten im Stall
Aufsitz- und Unterschlupfmöglichkeiten bringen Struktur in den Stall, Quelle: BLE